Einst lebte an der Schelde der Riese Druoon Antigoon und verlangte von den Fluss befahrenden Schiffern einen Wegezoll. Jedem, der nicht zahlen konnte oder wollte, entfernte der Riese mit einem chirurgischen Schwerthieb die rechte Hand und warf letztere in die Fluten. Erst ein römischer Offizier namens Brabo bereitete diesem barbarischen Treiben ein Ende, indem er den Riesen ganz zivilisiert besiegte und nun seinerseits dessen Hand abhackte und in den Fluss warf. Wegen dieser ungewöhnlichen, lokalen Häufung des Hand-Werfens (niederländisch: hand-werpen) nannten die Gründer – der Legende nach – die an der Schelde gelegene Siedlung Antwerpen.
Netterweise verzichtet man heute auf die Fortführung dieses Brauchtums, denn ansonsten hätten wir eine sehr sehenswerte Stadt aus Sicherheitsgründen auslassen müssen. Ganz unabhängig von der Legende ist die Schelde aber natürlich eng mit der Geschichte der Stadt verknüpft. Antwerpens Aufstieg begann, als die Bucht vor Brügge, dem damals wichtigsten Hafen der Gegend, versandete und dadurch die weitläufige Schelde-Mündung als See-Zugang an Bedeutung gewann. Damit liegt auch nahe, dass dieser so lebenswichtige Handelsweg schutzbedürftig war und so bauten die Antwerpener direkt an seinem Ufer den “Steen”, eine Burg. Wovor die Burg allerdings keinen Schutz gewähren konnte, war der Umstand, dass die eigentliche Schelde-Mündung nicht mehr auf belgischem Territorium liegt, sondern zu den Niederlanden gehört, was in der Vergangenheit zu Seeblockaden führte, aber auch heute noch Anlass für Streit ist: Die Belgier würden der Schelde gerne etwas mehr Tiefe schenken, um auch größeren Containerschiffen die Passage zu ermöglichen, die Niederländer (welche diese Schiffe weiterhin gerne in Rotterdam anlegen sähen) 
können sich für die Umsetzung dieser Idee auf ihrem, so wichtigen Teilstück, bisher nicht erwärmen.
Mit dem Aufstieg als Handelsmetropole mehrte sich der Reichtum der Stadt und mit diesem die Ansprüche, die man stellte. Die Bürger wollten ein Rathaus, das mit jenem in Brügge mithalten konnte und die Zünfte wetteiferten um das schönste Haus am großen Markt und gestalteten in der Kirche prunkvolle Neben-Altäre. Auch heute ist der Glanz dieser Tage noch spürbar, wenn auch leider die Fassaden und Gebäude inzwischen sehr unter dem Zahn der Zeit gelitten haben. Dass dieser Umstand auch von den Antwerpenern selbst bedauert wird, kann man in der im Rathaus befindlichen Ausstellung zur Geschichte der Stadt und zum 450-jährigen Bestehen des Rathauses selbst anschaulich erfahren. Nicht zuletzt deshalb wurde inzwischen mit der vollständigen Sanierung des Gebäudes begonnen.
Hinter den Giebeln am großen Markt erhebt sich der Turm der Liebfrauenkathedrale, die 1520 vollendet wurde. In ihr kann man neben den bereits erwähnten Zunft-Altären vier Original-Werke des sehr mit Antwerpen verbundenen Malers P. P. Rubens, wie zum Beispiel der den Altar zierenden “Himmelfahrt Mariens”, besichtigen. Darüber hinaus wartet die Kirche aber auch mit zahlreichen Bildern weiterer, namhafter Künstler sowie viel aufwändigem Schnitzwerk an Chor- und Beichtstühlen auf.
Aber nicht nur Historisches ist in Antwerpen sehenswert, mindestens mit dem 2011 fertig gestellten Museum am Strom (MAS) wurde auch ein zeitgenössischer Hingucker geschaffen. Das Gebäude bietet neben seiner interessanten Architektur auf zehn Etagen verschiedenste Ausstellungen sowie ein
Panorama-Dach, von dem aus wir unsere Blicke weit über Stadt und Hafen schweifen lassen konnten. Hatten wir Antwerpen durch die sehr beschauliche Innenstadt noch nicht wirklich als Metropole wahrgenommen, so mussten wir an dieser Stelle unser Bild schnell revidieren.
Wieder unten angelangt besuchten wir zwei der neben dem Museum gelegenen Pavillons mit jeweils eigener Ausstellung. Im Hafen-Pavillon gab es diverse interaktive Filme mit umfassenden Informationen rings um das Leben und Arbeiten im Hafen und ein in den Boden eingelassenes Satellitenbild der Umgebung, das sehr anschaulich verdeutlichte, wie unfassbar riesig die Hafenanlagen im Vergleich zur bewohnten Stadtfläche sind. Der zweite Pavillon befasst sich mit einem Thema, das ebenfalls untrennbar mit Antwerpen verbunden ist: Dem Diamantenhandel. Hier erfuhren wir, dass 80% aller Rohdiamanten in Antwerpen gehandelt und danach zum Schneiden und Schleifen in alle Welt transportiert werden. Dabei gibt es den besten Schnitt natürlich nur in Antwerpen selbst, so das “Cut in Antwerps” das höchste Qualitätssiegel für Diamanten ist.
Dadurch, dass auch für geschliffene Diamanten die Antwerpener Börsen der wichtigste Handelsplatz sind, kommen auch diese wieder in die Stadt zurück und man geht davon aus, dass jeder geschliffene Diamant dieser Welt auf diese Weise mindestens einmal in Antwerpen war. Im Pavillon waren diverse diamantene Kunstwerke zu sehen, das sicherlich spektakulärste war die aus 1617 Diamanten, gesetzt in 6 kg Gold, bestehende Trophäe des ehemals in Antwerpen stattfindenden ECC Tennis-Turniers. Neben Filmen über die Bearbeitung und den Handel von Diamanten konnten wir uns hier auch ansehen, wie und wonach Diamanten klassifiziert werden und wie ein echtes Zertifikat aussieht. Ebenfalls erfuhren wir, dass in dem aus ganzen zwei Straßen bestehenden “Diamanten-Viertel” von Antwerpen insgesamt 10% des gesamten, belgischen BIPs erzeugt werden.


Ein weiteres Gebäude, das wir uns unbedingt ansehen wollten, war der Bahnhof der Stadt, der jährlich unter die 10 schönsten Bahnhöfe der Welt gewählt wird. Diese Platzierung erscheint aus unserer Sicht (ohne alle Bahnhöfe der Welt gesehen zu haben) wirklich berechtigt! Schon von außen mit Palast-artiger Fassade, Türmchen, Kuppeln und goldig-glänzenden Verzierungen ungemein imposant, überwältigte uns die feudale Vorhalle mit ihren Säulen, Bögen, Freitreppen und Deckengewölben vollends. Aber auch die eigentliche Bahnhofshalle hatte Überraschungen für uns parat: Zur Vorhalle hin noch im passenden Stil gehalten und mit Bahnhofsuhr, Stadtwappen und pfauenartigem Fenster ein optisches Highlight, zeigt sich der Rest der Halle lichtdurchflutet und in modernster Architektur mehr-etagig. Zwar kennt der moderne Mensch Bahnhöfe, in denen Züge auch untereinander halten, doch die Konstruktion mit einer großen Frei-Rolltreppe in der Mitte, die einen Blick über alle Ebenen zu beiden Seiten erlaubt, war für uns in ihrer Neuartigkeit und Einzigartigkeit absolut faszinierend.
Rings um den Bahnhof herum gruppieren sich große Hauptstraßen, Fußgängerbereiche mit Shopping-Meilen, Bushöfe und weitere Errungenschaften der modernen Großstadt, was angesichts der bereits erwähnten, sehr beschaulichen Altstadt um so stärker auf uns wirkte. Ebenfalls dicht beim Bahnhof liegt das Diamanten-Viertel und natürlich konnten wir es nicht lassen, einen kurzen Gang hindurch zu unternehmen. Unsere Erkenntnisse aus diesem Teil des Tages: Diamantenbörsen haben große Portale, Schaufenster voller Diamanten glitzern schön und die Substituierung von Polizei durch Sturmgewehr tragende Soldaten in Tarn-Uniform hat eine einschüchternde Wirkung.
Der vorletzte Weg des Tages führte uns unter der Schelde hindurch. Eine hölzerne (!) Rolltreppe fuhr uns hinab zum St. Anna – Tunnel, durch den wir ans gegenüberliegende Ufer spazierten. Dort gibt es neben einem Blick auf die Altstadt die angeblich beste Pommes der Stadt, was wir uns natürlich beides in Kombination gönnten. 😉
Für wahlweise den verantwortungsbewussten Autofahrer oder den Trinker mit Sportsgeist fanden wir bei der Rückkehr zu unserem Parkplatz noch diese Apparatur, die uns ein Fundstück-Foto wert war.