9.08.2015

Typisch Belgisch

Wenn man dem Touristenführer glaubt, liegen die touristisch interessanten Städte Belgiens alle in Flandern. Das kam uns entgegen, da wir vermuteten, dass Wallonien deutlich französisch geprägter sein würde und damit haben wir – gerade was Camping betrifft – ja bereits unsere Erfahrungen gemacht. Allein für die Route durch den Norden Belgiens haben wir 780 km ( 416 km mit Wohnwagen) zurückgelegt und das ist, was uns dabei besonders auffiel:

Mehrsprachigkeit: Die drei Amtssprachen, ergänzt durch Englisch, erleichtern den Informationsaustausch.

Historische Aufbereitung: Wer Informationen zu Hintergründen, Gebäuden und Personen aus Belgiens wechselhafter Geschichte wünscht, braucht einen Reiseführer oder gutes Internet. Vor Ort geben Broschüren in der Regel Auskunft über temporäre Ausstellungen (Und die gibt es immer).

Madonnen an Hausecken: Vielleicht eine Folge der langen Zugehörigkeit zu Spanien und Frankreich?

Leistungsgerechte Bezahlung: Der Eintrittspreis ist für den Eintritt. Alles danach, und sei es noch so einfach (ein Din A5 – Zettel oder ein Toilettengang) kostet extra.

Organisierte Irreführung: Richtungspfeile müssen nicht die richtige Richtung weisen und wenn sie es tun, kann auch schon mal die Durchfahrt verboten sein. Oder die Straße endet einfach.

Böswillige Richtungspfeile: Sie wandern von selbst vom sinnvollen Ort der Ankündigung zum Millimeter 0 der Ausfahrtsspur (und lachen über alle, die den Absprung in letzter Sekunde nicht schaffen). Das ist die einzig plausible Erklärung.

Schildkröten-Ebenen: Oder Krokodil., Elefanten-, Schnecken-Ebenen. Tiere ersetzen oder ergänzen die Stockwerks-Zahl in Parkhäusern.

Pralinenläden: Gehören in Belgien zum Stadtbild.

Pommes: Natürlich. Auf englisch übrigens “Belgian Fries”, das ist wichtig!

6.08.2015

Brügge

Nach zwei Wochen Tour durch die Niederlande und Belgien gönnten wir uns zur abschließenden Entspannung noch acht Tage Strandurlaub  in Bredene. Einen davon investierten wir allerdings für einen ein-Tages-Trip nach Brügge, da wir als Fans von Städten mit mittelalterlichem Kern dieses berühmte Schmuckstück natürlich nicht auslassen konnten.

BLOG_2015_08_06_3197Wir könnten es an dieser Stelle kurz machen. Brügge ist phänomenal und hat uns absolut begeistert. Das gesamte Stadtbild ist absolut stimmig, da auch neue Häuser baulich an den alten Stil angepasst  werden. Teilweise sind die Fassaden exakt gleich gestaltet, wie die der alten Nachbarhäuser, so dass sich interessante Rechts-Links-Vergleiche ergeben. Das geschlossene Stadtbild hat so viel Charakter und Atmosphäre, dass man gar nicht aufhören möchte, hindurch zu spazieren. Und die überall herumfahrenden Pferdekutschen (denen man als Fußgänger aufgrund ihrer Geschwindigkeit mit besonderer Aufmerksamkeit begegnen sollte) wirken dabei wie ins Bild gegossen.

BLOG_2015_08_06_3163BLOG_2015_08_06_3176Wir hatten uns für heute keine Museumsbesuche (Brügge hat natürlich ein Schokoladen-, ein Klöppel-, ein Bier- und viele andere Museen) oder Besichtigungen vorgenommen, sondern wollten einfach nur das Flair spüren. Und davon gab es nicht zu wenig. Der große Markt ist ein sehr schöner Platz mit vielen Restaurants und schönen, flankierenden Häuserzeilen. Auch ansonsten hat Brügge sehr viele, schöne Plätze. Die Zahl der Confiserien steigt hier gegenüber Brüssel noch einmal exponentiell und die Variation der Auslagen reicht von sehr verspielt bis hoch-exklusiv. Natürlich sammelten auch wir einige Kostproben ein, auch wenn wir die “belgischste aller Pralinen” – die Bier-Praline – ausließen. Dafür verkosteten wir zum Beispiel diverse Frucht-Gewürz-Kompositionen, Speck-und-Zwiebel-Varianten und Caramel-Apfel-Balsamico-Pralinen.

BLOG_2015_08_06_3216BLOG_2015_08_06_3188Unser Weg führte uns am mit den Wappen der Provinzstädte geschmückten Rathaus vorbei, über den Rozenhoedkaai mit seinem idyllischen Ausblick über die Kanäle, durch den Beginenhof – der in Brügge immer noch ein Ort der Stille ist – durch kleinere und größere Parks bis zum die Innenstadt umgebenden Grüngürtel. An ihm entlang gehend bewunderten wir nicht nur die gut erhaltenen, alten Stadttore, sondern insbesondere auch die Zäune der den flankierenden Wall zierenden Windmühlen – sie waren zwar aus Metall, aber in Spitzen-Optik gestaltet. Unterwegs machten wir auch eine Stippvisite in der Liebfrauen-Kirche, die eine von Michelangelo gefertigte Madonna birgt, den größten Teil ihres Kirchenschiffs allerdings derzeit wegen umfangreichen Restaurationen dem Blick der Besucher entzieht – interessanter- weise durch eine deckenhohe, massive Mauer quer durch den Innenraum.

All diese Eindrücke vermischen sich mit dem historischen Stadtbild zu einem wundervollen Ausflugsziel, was erklärt, warum Brügge in seiner Innenstadt an vielen Tagen mehr Besucher als Bewohner zählt. Man hört immer wieder, dass Brügge zu touristisch oder sehr teuer ist, das können wir aber überhaupt nicht bestätigen. Die Wahl der passenden Adjektive liegt sicherlich auch immer an der Einstellung & Erwartungshaltung des jeweiligen Besuchers. Wir haben unseren Tag jedenfalls extrem genossen, sogar in einem sehr schön gelegenen Restaurant zu moderaten Preisen richtig lecker gegessen und noch tagelang mit den köstlichen Souvenirs unseren Rest-Urlaub versüßt.

1.08.2015

Brüssel Teil II

BLOG_2015_08_01_2986Was für Paris der Eiffelturm, für London Big Ben und Berlin das Brandenburger Tor, das ist für Brüssel das Atomium. Aber nicht nur deshalb war das Wahrzeichen ein Muss-Ziel unserer Reise, Tobias hatte den überdimensionierten Eisen-Kristall – gut informiert durch eine Mitschülerin – bereits vorab zu seinem persönlichen Highlight unseres Urlaubs erkoren.

Wegen der enormen Größe des Monumentes ist seine Spitze bereits von der Autobahn aus sichtbar, was dabei half, die richtige Richtung zu finden (Unser Navi hatte an diesem Tag plötzlich alle Karten verloren, so dass es leider als Unterstützung ausfiel). Einmal von der Autobahn abgefahren mussten wir uns für die Zielanfahrt aber auf die Beschilderung verlassen, die – offensichtlich landestypisch – oft erst auf dem letzten Meter angebracht ist, widersprüchlich, lückenhaft und diffus ist und so eher zur Verwirrung beiträgt. Den Höhepunkt stellte sicherlich der Abbieger zu Expo und Atomium dar, der nach 100m im Feld endete.

Mit viel Gefühl und der richtigen Nase für Himmelsrichtungen erreichten wir dennoch glücklich unser Ziel. Da wir immer noch früh dran waren, konnten wir nah am Atomium parken, fanden eine noch recht überschaubare Kassenschlange vor und ehe wir es uns versahen ging es schon mit 5 m/s im Fahrstuhl aufwärts. In der obersten Kuppel angekommen, bekamen wir einen weiten Rundblick über Brüssel und das gesamte Umland, inklusive des neben dem Atomium liegenden Miniatur-Europas mit vielen bekannten Bauwerken. In der obersten Ebene der Kuppel ist ein Restaurant untergebracht, in dem man bei Vorbestellung und Verpfändung seines Hauses ein Essen mit Ausblick genießen kann. Netterweise gibt es für alle Besucher, die entweder keine Häuser zu verpfänden haben oder wertvolles Essen gerne in stilvollerem Ambiente zu sich nehmen, die Möglichkeit, den Ausblick und das Gefühl, ganz oben zu sein, bei einem Drink an der Bar zu genießen.

BLOG_2015_08_01_3033Nachdem der Fahrstuhl uns wieder ins Erdgeschoss befördert hatte, erkundeten wir die restlichen Kugeln zu Fuß. Der Wechsel zwischen den Kugeln erfolgte dabei durch die von außen sichtbaren Röhren über Treppen und Rolltreppen, innerhalb der Kugeln gab es sowohl wechselnde Themenausstellungen, als auch umfassende Informationen und Dokumente zur Historie des Atomiums. Für die Weltausstellung 1958 erbaut, sollte es ursprünglich nur 6 Monate stehen bleiben. Da es sich aber als Publikumsmagnet entpuppte und die Ingenieure die Dauerhaftigkeit der Konstruktion offensichtlich mit viel Puffer versehen hatten, ließ man es stehen. 2004-2006 musste es schließlich doch einmal grundlegend saniert werden, um es auch weiterhin als Wahrzeichen erhalten zu können.

Die Expo 1958 war die erste Weltausstellung nach dem zweiten Weltkrieg und fiel in die Gründungsjahre der Europäischen Union. Mit zahllosen Bildern und Ausstellungsstücken erhielten wir im Atomium einen kleinen Einblick in die Aufbruchsstimmung und den Innovationsgeist der damaligen Zeit. 

BLOG_2015_08_01_3073Nach Palast, Parlament und Atomium fehlte bei unserem Brüssel-Besuch jetzt nur noch Brüssel. Also gestalteten wir die zweite Hälfte des Tages als Stadtbummel – jedenfalls, nachdem wir uns ohne Navi durch das Gewirr von Beschilderung und Einbahnstraßen gekämpft hatten (Wobei man den Richtungspfeilen zum Parkhaus folgend gegen die Einbahnstraße hätte fahren müssen, wozu uns aber mit einem Polizeiauto im Nacken der nötige Mut fehlte).

Das Mittagessen bestand natürlich aus Pommes, für den Nachtisch versorgten wir uns in den zahlreichen Pralinen-Geschäften mit einer wohlbemessenen Dosis luxuriöser Leckereien. Fasziniert haben uns dabei die Schaufenster-Dekorationen – die Schokoladen-Boutiquen präsentieren ihre Köstlichkeiten ähnlich edel, wie Juweliere ihren Schmuck.

BLOG_2015_08_01_3080Ein optisches Highlight war auch der Grand Place. Anders als die gleichnamigen Plätze in anderen belgischen und niederländischen Städten wird er zu allen Seiten von Häusern gesäumt und ist nur über dazwischen liegende Gassen zugänglich. Das gibt ihm einen ganz eigenen Charakter und macht ihn tatsächlich als in sich geschlossene Einheit erfahrbar. Die Zunfthäuser mit ihren prunkvollen Fassaden und das imposante Rathaus kommen so noch viel besser zur Geltung, auch wenn der “große Platz” durch die Geschlossenheit flächenmäßig gar nicht mehr so groß wirkt.

Ganz in der Nähe des Platzes steht das berühmte, ständig Wasser lassende Männchen, dem wir natürlich auch einen Besuch abstatteten. Heutzutage hat es offensichtlich seinen eigenen Herrenausstatter – bei unserem Besuch trug es einen uniformartigen Anzug, der inzwischen aber schon im Museum neben allen anderen bereits getragenen Kollektionen ausgestellt sein dürfte.

BLOG_2015_08_01_3106An dieser Stelle unseres Rundgangs stärkten wir uns mit ein paar Brüsseler Waffeln. Diese kann man mit verschiedensten Toppings bestellen und sie schmecken echt gut. Jetzt fehlte uns nur noch eine Brüsseler Spezialität: Häuser-Comics (sicherlich die Kalorien-ärmste Spezialität unseres Belgien-Aufenthaltes 😉 ).

Viele bekannte Comics wie Asterix, Lucky Luke, Tim & Struppi stammen aus Belgien und die Brüsseler würdigen diesen Umstand, indem sie ihre Fassaden mit Szenen der Helden verschönern. Wir gingen den für uns interessanten Teil des im Stadtplan markierten Comic-Rundgangs und fühlten uns dabei wie auf einer spannenden Schnitzeljagd: Wer sieht den Comic zuerst?

BLOG_2015_08_01_3114Mehr zufällig begegnete uns, während wir uns nach der letzten Comic-Station erschöpft zum Auto schleppten noch eine Kathedrale, die verdächtig nach Notre Dame aussah. Natürlich nutzten wir die Gelegenheit, um noch einen Blick hinein zu werfen und erfuhren dabei, dass sie Saint Michel heißt und von der königlichen Familie z.B. für Hochzeiten genutzt wird.

Wieder am Auto angekommen, schlugen wir uns nach Gefühl durch die Straßen der Stadt. Auch wenn wir am Ende sowohl die Autobahn, als auch unseren Campingplatz erreichten, sind wir ganz froh, dass niemand unseren Weg aufgezeichnet hat. Aus organisatorischen Gründen war es für uns diesmal zwar praktischer, den PKW zu nehmen, aber das nächste Mal werden wir definitiv mit dem Zug nach Brüssel reisen. Einen Besuch wert ist die Stadt auf jeden Fall, vielleicht allerdings nicht gerade während einer Diät…

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30.07.2015

Gent

BLOG_2015_07_30_2758Unseren Rundgang in Gent begannen wir in der Nähe des örtlichen Belfrieds. Diese für das belgische Stadtbild typischen Türme beherbergten in der Gotik nicht nur Glocken, sondern als oft sicherster Ort der Stadt auch Archiv, Schatzkammer und Gefängnis. Genau wie bei den Beginenhöfen haben die Belgier nicht einen speziellen Belfried ins Weltkulturerbe eintragen lassen, sondern die belgischen Belfriede an sich. Somit kann jede ältere, belgische Stadt damit werben, dass sie mindestens zwei Welterbestätten besitzt, was auf der einen Seite der örtlichen Broschüre einen besonderen Glanz gibt, und auf der anderen Seite nur begrenzt reiselustigen Touristen entgegenkommt.

Den Genter Belfried ziert ein mehrere hundert Kilo schwerer Drache als “Wetterfahne”. Dieser symbolisiert Macht und Wachsamkeit der Bürgerschaft von Gent, auch wenn er den ehemals hier gelagerten Schatz wohl maximal durch Herabfallen hätte verteidigen können.

BLOG_2015_07_30_2771Gleich in der Nähe des Belfrieds fanden wir die St. Bavo – Kathedrale. Schon lange haben wir keine derart prunkvoll mit Marmor, edlen Holzschnitzereien, Kunstwerken und zusammengetragenen Schätzen ausgestattete Kirche mehr gesehen. Auch die Kanzel war selbst für niederländisch-flämische Verhältnisse enorm aufwändig gearbeitet. Die weitläufige Krypta wurde als Ausstellungsraum für beispielsweise eine silberne Kopie des Kopfes von Johannes dem Täufer und weitere, teils auch moderne Kunstwerke verwendet.

Hauptschatz der Kirche ist aber das Altarbild der Gebrüder van Eyck mit dem Namen “Das Lamm Gottes”. Aus mehreren Flügeln bestehend und aufgeklappt ca. 2o m² messend  gilt es wegen seiner besonders kunstvollen und aufwändigen Verarbeitung als Hauptwerk der flämischen Malerei des 15. Jahrhunderts. Im namengebenden Zentrum des Werkes wird die Anbetung eines mit gelassener Miene auf dem Opferaltar stehenden Lammes (als Symbol für Christi Opfertod) dargestellt. Darum herum gruppieren sich Darstellungen von Adam, Eva, Maria, Johannes dem Täufer, Engeln und Heiligen sowie Kreuzrittern. Auch eine nicht ganz Gebots-konforme Abbildung von Gott findet sich an der Spitze des Werkes auf der selben, mittigen Längsachse mit dem Lamm und dem Quell des Lebens.

Die Betrachtung dieses mindestens den Gentern heiligen Werkes hatte in einer Seitenkapelle in absolutem Stillschweigen zu geschehen. Etwas amüsant fanden wir, dass die damit eigentlich angestrebte Stille durch die (marktwirtschaftlich geschickt) additiv zum stolzen Eintrittspreis vertriebenen Audioguides ungefähr wie das Gebrummel eines Theater-Publikums vor Vorstellungsbeginn klang und somit von Andacht eigentlich nicht mehr viel zu merken war. Nicht ganz so amüsiert waren wir vom Umstand, dass nicht nur die Audioguides extra kosteten, sondern auch ein einfacher DinA5-Ausdruck mit Informationen zum Bild nicht inklusive war, sondern zum ca. 20-fachen Herstellungswert feilgeboten wurde.

Dass das Kunstwerk heute wieder als ganzes zu betrachten ist, verdanken wir einer in den letzten Jahren erfolgten, umfassenden Restaurierung. Denn im Laufe der Jahrhunderte sind die einzelnen Teile des Gemäldes teilweise aus kulturellen (zeitweise konnte man die Nacktheit von Adam&Eva nicht aushalten), teilweise aus finanziellen (Teile des Bildes wurden ins Ausland verkauft) und teilweise aus kriegsbedingten Gründen ganz schön herum- und heruntergekommen. Auch heute noch ist ein Teilgemälde verschollen und in der Restauration durch eine Replik ersetzt worden.

BLOG_2015_07_30_2778BLOG_2015_07_30_2832Nachdem wir damit die weithin beworbene Hauptattraktion Gents gesehen hatten,  spazierten wir durch die Altstadt entlang der Flüsse und der auch hier vorhandenen Grachten, versorgten uns mit “Genter Nasen” (Sehr bunte, sehr süß-klebrige, geleeartige Zucker-Kegel) und statteten dem örtlichen Beginenhof (heute ein normales Wohnviertel) einen kurzen Besuch ab. Auf unserem weiteren Weg kamen wir am Rabot vorbei, einem Turm der ehemaligen Stadtmauer, der an einen Sieg der Genter über die Habsburger erinnern soll und praktischerweise gleichzeitig eine Schleuse zwischen dem Stadtgraben und dem Fluss Lieve bewacht.

Auch den Gravensteen, die einzig erhaltene, mittelalterlichen Burg Flanderns und einstige Residenz des hiesigen Grafen, nahmen wir genauer in Augenschein. Das sehr imposante Festungswerk wurde ebenfalls umfangreich restauriert, nachdem es zwischenzeitlich hinter Wohnhausfassaden eingemauert worden war. Neben Burg-typischen Ausstellungen mit Schwertern, Armbrüsten, Guillotinen und Folterwerkzeugen werden die Räume – wie wir es in den Niederlanden und Belgien schon häufiger erlebt hatten – auch für wechselnde Ausstellungen mit von der Location und ihrer Historie unabhängigen Themen genutzt. Dies geht häufig so weit, dass an der Kasse vertriebene Info-Flyer eher Informationen über die temporären Ausstellungen enthalten, als über das Objekt selbst.

Für den Fall, dass sich jemand solcher Info-Flyer oder auch anderer nicht mehr benötigter Gegenstände entledigen will, sind in Gent – wie anderswo auch – zahlreiche, öffentliche Müllbehälter angebracht und um die Nutzung dieser Behältnisse zu fördern, ist man auch hier den üblichen Weg der Straf-Androhung bei Missachtung gegangen. Bemerkenswert fanden wir allerdings die hiesige Umsetzung in Form eines Knöllchen-Musters, bei dem sich das Ordnungsamt – wahrscheinlich in Kooperation mit der Tourismusbehörde – außerordentlich kreativ zeigte:

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29.07.2015

Antwerpen

Einst lebte an der Schelde der Riese Druoon Antigoon und verlangte von den Fluss befahrenden Schiffern einen Wegezoll. Jedem, der nicht zahlen konnte oder wollte, entfernte der Riese mit einem chirurgischen Schwerthieb die rechte Hand und warf letztere in die Fluten. Erst ein römischer Offizier namens Brabo bereitete diesem barbarischen Treiben ein Ende, indem er den Riesen ganz zivilisiert besiegte und nun seinerseits dessen Hand abhackte und in den Fluss warf. Wegen dieser ungewöhnlichen, lokalen Häufung des Hand-Werfens (niederländisch: hand-werpen)  nannten die Gründer – der Legende nach – die an der Schelde gelegene Siedlung Antwerpen.

BLOG_2015_07_29_2660Netterweise verzichtet man heute auf die Fortführung dieses Brauchtums, denn ansonsten hätten wir eine sehr sehenswerte Stadt aus Sicherheitsgründen auslassen müssen. Ganz unabhängig von der Legende ist die Schelde aber natürlich eng mit der Geschichte der Stadt verknüpft. Antwerpens Aufstieg begann, als die Bucht vor Brügge, dem damals wichtigsten Hafen der Gegend, versandete und dadurch die weitläufige Schelde-Mündung als See-Zugang an Bedeutung gewann. Damit liegt auch nahe, dass dieser so lebenswichtige Handelsweg schutzbedürftig war und so bauten die Antwerpener direkt an seinem Ufer den “Steen”, eine Burg. Wovor die Burg allerdings keinen Schutz gewähren konnte, war der Umstand, dass die eigentliche Schelde-Mündung nicht mehr auf belgischem Territorium liegt, sondern zu den Niederlanden gehört, was in der Vergangenheit zu Seeblockaden führte, aber auch heute noch Anlass für Streit ist: Die Belgier würden der Schelde gerne etwas mehr Tiefe schenken, um auch größeren Containerschiffen die Passage zu ermöglichen, die Niederländer (welche diese Schiffe weiterhin gerne in Rotterdam anlegen sähen) BLOG_2015_07_29_2674BLOG_2015_07_29_2717können sich für die Umsetzung dieser Idee auf ihrem, so wichtigen Teilstück, bisher nicht erwärmen.

Mit dem Aufstieg als Handelsmetropole mehrte sich der Reichtum der Stadt und mit diesem die Ansprüche, die man stellte. Die Bürger wollten ein Rathaus, das mit jenem in Brügge mithalten konnte und die Zünfte wetteiferten um das schönste Haus am großen Markt und gestalteten in der Kirche prunkvolle Neben-Altäre. Auch heute ist der Glanz dieser Tage noch spürbar, wenn auch leider die Fassaden und Gebäude inzwischen sehr unter dem Zahn der Zeit gelitten haben. Dass dieser Umstand auch von den Antwerpenern selbst bedauert wird, kann man in der im Rathaus befindlichen Ausstellung zur Geschichte der Stadt und zum 450-jährigen Bestehen des Rathauses selbst anschaulich erfahren. Nicht zuletzt deshalb wurde inzwischen mit der vollständigen Sanierung des Gebäudes begonnen.

BLOG_2015_07_29_2699Hinter den Giebeln am großen Markt erhebt sich der Turm der Liebfrauenkathedrale, die 1520 vollendet wurde. In ihr kann man neben den bereits erwähnten Zunft-Altären vier Original-Werke des sehr mit Antwerpen verbundenen Malers P. P. Rubens, wie zum Beispiel der den Altar zierenden “Himmelfahrt Mariens”, besichtigen. Darüber hinaus wartet die Kirche aber auch mit zahlreichen Bildern weiterer, namhafter Künstler sowie viel aufwändigem Schnitzwerk an Chor- und Beichtstühlen auf.

Aber nicht nur Historisches ist in Antwerpen sehenswert, mindestens mit dem 2011 fertig gestellten Museum am Strom (MAS) wurde auch ein zeitgenössischer Hingucker geschaffen. Das Gebäude bietet neben seiner interessanten Architektur auf zehn Etagen verschiedenste Ausstellungen sowie ein BLOG_2015_07_29_2731Panorama-Dach, von dem aus wir unsere Blicke weit über Stadt und Hafen schweifen lassen konnten. Hatten wir Antwerpen durch die sehr beschauliche Innenstadt noch nicht wirklich als Metropole wahrgenommen, so mussten wir an dieser Stelle unser Bild schnell revidieren.

Wieder unten angelangt besuchten wir zwei der neben dem Museum gelegenen Pavillons mit jeweils eigener Ausstellung. Im Hafen-Pavillon gab es diverse interaktive Filme mit umfassenden Informationen rings um das Leben und Arbeiten im Hafen und ein in den Boden eingelassenes Satellitenbild der Umgebung, das sehr anschaulich verdeutlichte, wie unfassbar riesig die Hafenanlagen im Vergleich zur bewohnten Stadtfläche sind. Der zweite Pavillon befasst sich mit einem Thema, das ebenfalls untrennbar mit Antwerpen verbunden ist: Dem Diamantenhandel. Hier erfuhren wir, dass 80% aller Rohdiamanten in Antwerpen gehandelt und danach zum Schneiden und Schleifen in alle Welt transportiert werden. Dabei gibt es den besten Schnitt natürlich nur in Antwerpen selbst, so das “Cut in Antwerps” das höchste Qualitätssiegel für Diamanten ist. BLOG_2015_07_29_2723Dadurch, dass auch für geschliffene Diamanten die Antwerpener Börsen der wichtigste Handelsplatz sind, kommen auch diese wieder in die Stadt zurück und man geht davon aus, dass jeder geschliffene Diamant dieser Welt auf diese Weise mindestens einmal in Antwerpen war. Im Pavillon waren diverse diamantene Kunstwerke zu sehen, das sicherlich spektakulärste war die aus 1617 Diamanten, gesetzt in 6 kg Gold, bestehende Trophäe des ehemals in Antwerpen stattfindenden ECC Tennis-Turniers. Neben Filmen über die Bearbeitung und den Handel von Diamanten konnten wir uns hier auch ansehen, wie und wonach Diamanten klassifiziert werden und wie ein echtes Zertifikat aussieht. Ebenfalls erfuhren wir, dass in dem aus ganzen zwei Straßen bestehenden “Diamanten-Viertel” von Antwerpen insgesamt 10% des gesamten, belgischen BIPs erzeugt werden.

BLOG_2015_07_29_2743BLOG_2015_07_29_2745BLOG_2015_07_29_2756Ein weiteres Gebäude, das wir uns unbedingt ansehen wollten, war der Bahnhof der Stadt, der jährlich unter die 10 schönsten Bahnhöfe der Welt gewählt wird. Diese Platzierung erscheint aus unserer Sicht (ohne alle Bahnhöfe der Welt gesehen zu haben) wirklich berechtigt! Schon von außen mit Palast-artiger Fassade, Türmchen, Kuppeln und goldig-glänzenden Verzierungen ungemein imposant, überwältigte uns die feudale Vorhalle mit ihren Säulen, Bögen, Freitreppen und Deckengewölben vollends. Aber auch die eigentliche Bahnhofshalle hatte Überraschungen für uns parat: Zur Vorhalle hin noch im passenden Stil gehalten und mit Bahnhofsuhr, Stadtwappen und pfauenartigem Fenster ein optisches Highlight, zeigt sich der Rest der Halle lichtdurchflutet und in modernster Architektur mehr-etagig. Zwar kennt der moderne Mensch Bahnhöfe, in denen Züge auch untereinander halten, doch die Konstruktion mit einer großen Frei-Rolltreppe in der Mitte, die einen Blick über alle Ebenen zu beiden Seiten erlaubt, war für uns in ihrer Neuartigkeit und Einzigartigkeit absolut faszinierend.

Rings um den Bahnhof herum gruppieren sich große Hauptstraßen, Fußgängerbereiche mit Shopping-Meilen, Bushöfe und weitere Errungenschaften der modernen Großstadt, was angesichts der bereits erwähnten, sehr beschaulichen Altstadt um so stärker auf uns wirkte. Ebenfalls dicht beim Bahnhof liegt das Diamanten-Viertel und natürlich konnten wir es nicht lassen, einen kurzen Gang hindurch zu unternehmen. Unsere Erkenntnisse aus diesem Teil des Tages: Diamantenbörsen haben große Portale, Schaufenster voller Diamanten glitzern schön und die Substituierung von Polizei durch Sturmgewehr tragende Soldaten in Tarn-Uniform hat eine einschüchternde Wirkung.

Der vorletzte Weg des Tages führte uns unter der Schelde hindurch. Eine hölzerne (!) Rolltreppe fuhr uns hinab zum St. Anna – Tunnel, durch den wir ans gegenüberliegende Ufer spazierten. Dort gibt es neben einem Blick auf die Altstadt die angeblich beste Pommes der Stadt, was wir uns natürlich beides in Kombination gönnten. 😉

BLOG_2015_07_29_2757Für wahlweise den verantwortungsbewussten Autofahrer oder den Trinker mit Sportsgeist fanden wir bei der Rückkehr zu unserem Parkplatz noch diese Apparatur, die uns ein Fundstück-Foto wert war.

27.07.2015

Mechelen

Gestern sind wir nach Belgien weitergefahren und waren sehr gespannt, ob sich die örtlichen vier-Sterne-Campingplätze eher an ihren Pendants in den Niederlanden oder an jenen in Frankreich orientieren würden. Zumindest für unseren ersten belgischen Platz galt leider letzteres. Vorne an der Rezeption gab es immerhin ein gekacheltes Bad mit insgesamt zwei Duschen, die sich die Campinggäste mit den Badesee-Gästen teilten (und die entsprechend aussahen), verteilt auf dem Platz fanden sich als Waschhaus-Ersatz kleine Holzverschläge, bei denen Chemietoiletten-Ausguss, Urinal und Spülbecken ohne weitere Sicht- oder Geruchstrennung eine traute Gemeinsamkeit an der Außenwand bildeten (Die Innenausstattung bestand aus 2×2 abweisenden Toiletten mit winzigem Waschbecken und vergilbtem Spiegel). Da der Platz nur Absprungbasis für zahlreiche Ausflüge ins Umland war, nahmen wir es sportlich und trugen ein, zwei Wasserkannen mehr pro Tag zum Wohnwagen.

 BLOG_2015_07_27_2603Da der Reiseführer das montägliche Glockenspiel in Mechelen in vielfältigen Tönen anpries, starteten wir dort unsere Besichtigungswoche. Und da bei Ankunft die Luft noch etwas feucht war, begannen wir den Rundgang spontan mit einer Innenbesichtigung der St.Rombouts-Kathedrale. Für jeden, der die Grenzüberquerung nicht bewusst wahrgenommen haben sollte, wäre der Landeswechsel spätestens hier offenbar geworden: Schon von außen eher eine “Notre Dame”, enthielt die Kirche auch im Innenraum mit Marmor, holzgeschnitztem Chorgestühl, Madonnen-Figuren und zahlreichen Kunstwerken wieder deutlich mehr Schmuck, als jene in den Niederlanden. Der Kirchenboden war nicht mehr das “Who is Who” vergangener Tage und Grabmäler galten ganz klassisch den Bischöfen (und nicht den Seehelden).

BLOG_2015_07_27_2623BLOG_2015_07_27_2625Am großen Platz vor der Kirche begegnete uns außer dem sehr markanten Rathaus mit Säulen-Wandelgang auch das Standbild der Margarethe von Österreich. Diese hatte als Regentin der habsburgischen Niederlande Mechelen als ihren Sitz auserkoren und der Stadt damit zu einem Wohlstand verholfen, der auch heute – 500 Jahre später – noch als Mechelens Blütezeit gilt. Die Ortsansässigen waren davon so angetan, dass sie ihr – als erster Frau in Belgien (inkl. Vorgänger-Staaten) – das erwähnte Denkmal errichteten. Die Erklär-Tafel, welche diese Historie kurz abriss, war zu unserer Freude übrigens viersprachig gehalten – die Vielsprachigkeit Belgiens kommt Touristen eindeutig zugute.

Während unseres Aufenthaltes auf dem großen Markt läuteten sich die 49 Glocken der Kathedrale bereits warm und als wir unseren Rundgang durch die Stadt fortsetzten, begleiteten uns dabei viele verschiedene Melodien. Nachdem unsere Ohren sich in die Spielweise hinein gehört hatten, gelang es uns immer häufiger, bekannte Melodien zu erkennen.
Unser weiterer Weg führte uns durch die für Belgien typischen Beginenhöfe, in denen in der Vergangenheit alleinstehende Frauen ohne Gelübde in einer klösterlichen Gemeinschaft leben konnten. Wie zu jedem Kloster gehört natürlich auch zu einem Beginenhof eine Brauerei. Jene in Mechelen stammt aus dem 14. Jahrhundert, zählt zu den ältesten in ganz Belgien und braut bis heute (was weithin für seligmachende Düfte sorgte).
BLOG_2015_07_27_2647 Natürlich machten wir auch einen Abstecher zu Margarethes ehemaligem Palast, dessen um einen schön angelegten Innenhof herum gruppierte Gebäude heute das Gericht der Stadt beherbergen. Neben vielen, hübschen Fassaden und einem historischem Stadtbild kann man in Mechelen übrigens auch einen Gang über Wasser erleben: Ein hölzerner, auf Pontons schwimmender Weg über die Dijle erlaubt einen Blick auf die Stadt abseits der Straßen und Autos.

Am Ende unseres Rundgangs begegnete uns die auf dem Foto zu sehende “Bäckerei”. BLOG_2015_07_27_2650Als wir auf dem Campingplatz einen Automaten-Supermarkt mit Milchprodukten, Frischwurst und Baguette gefunden hatten, hielten wir das zunächst für eine vereinfachte Form des Services für Campinggäste. In der Stadt durften wir allerdings feststellen, dass Verkaufs-Automaten hier allgemein sehr verbreitet sind und sich das Sortiment nicht, wie in der Regel bei uns, auf Getränke und Süßigkeiten beschränkt.

Ob unsere Sommerurlaubs-Tour sich zukünftig als “typisch” erweisen wird, ist noch nicht ganz sicher, denn in nur acht Tagen ohne Pausentag ein Land wie die Niederlande zu erkunden, lässt doch wenig Raum für die erholsame Ruhephase. Die zurückzulegenden Entfernungen waren glücklicherweise überschaubar, wir sind hier 720 km (358 km davon mit Wohnwagen) gefahren, um unsere Eindrücke zu sammeln. Nebst allen Sightseeing-Zielen sind diese Besonderheiten bei uns hängen geblieben:

Internationale Sprache: Wir haben niemanden gefunden, der kein Englisch sprach – egal in welcher Altersklasse. In den typischen Touristenzentren ist auch Deutsch verbreitet, aber Zeeland haben wir ja diesmal ausgelassen…

Nationale Präsentation: Im Gegensatz zum weit verbreiteten, gesprochenen Englisch, sind viele Informationstafeln nur in niederländischer Sprache gehalten. Nur erste, einführende Informationen sind in englisch grob zusammengefasst. Auch in Broschüren ist der englische Text, wenn vorhanden, eine starke Zusammenfassung des niederländischen.

Öffnungszeiten: Ähnlich, wie in Britannien, schließen die Sehenswürdigkeiten in den Niederlanden häufig um 17:00 Uhr. Das britische “Rauskehren” der Besucher haben wir aber nicht erlebt.

Einkaufen: Auch hier gibt es deutliche Parallelen zu England. Fertig abgepackte, geschnippelte Gemüse-Mischungen im Kühlregal und für genau einen Einkaufskorb dimensionierte Supermarkt-Kassen sind nur einige Beispiele.

Labbriges Brot: Wie in vielen Ländern, typisch für die Niederlande ist die tapetenkleister-artige “Vollkorn”-Variante.

Kirchen auf Gräbern: Oder Gräber unter Kirchen. Das letzte Denkmal, dass sich der Status-affine Niederländer setzte, war ein eigener Grabstein im “Bodenmosaik” seines örtlichen Gotteshauses.

Schmuckloser Glaube: In den Niederlanden waren die Bilderstürmer besonders gründlich. Buntglasfenster sind hier eher eine Rarität, die Kirchen sind zum Großteil weiß gestrichen, verfügen allerdings interessanterweise über enorm aufwändig geschnitzte Kanzeln.

Waaghuiser: Jede Stadt mit Handelsrechten brachte ihre offizielle Käse-Waage in einem Respekt heischenden Prunkbau in zentraler Lage unter. Auf den ersten Blick hält man es gerne für das Rathaus der Stadt.

Gestückelte Routen: Will man einer Autobahn mit einer bestimmten Nummer folgen, muss man an Knotenpunkten fast immer abfahren und die Straße wechseln.

25.07.2015

Geschützt: Delft

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23.07.2015

Geschützt: Gouda

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21.07.2015

Amsterdam Teil II

Die Centraal Station in Amsterdam war nicht nur Ausgangspunkt unserer zweiten Erkundung der Stadt, sondern mit ihrer beeindruckenden Renaissance-Fassade auch bereits unser erstes Besichtigungsobjekt. Ungefähr in der gleichen Zeit entstanden wie das Rijksmuseum, ist sie diesem Gebäude gar nicht so unähnlich.

2015_07_21_2193Von dort aus ging es den Damrak entlang zum Dam. Letzterer befindet sich an jener Stelle, an der vor langer Zeit ein Damm in der Amstel errichtet wurde. Dieser Damm verband zwei kleine Siedlungen auf beiden Seiten des Flusses, schützte ihre Bürger vor Sturmfluten und war gleichzeitig Grundlage der Stadtgründung. Mit der Zeit und mit weiteren Aufschüttungen wurde der Dam zum zentralen Platz der Stadt. Die wichtigsten Gebäude am Dam sind wohl 2015_07_21_2110der königliche Palast und die Nieuwe Kerk.

Der Palast war ursprünglich im 17. Jahrhundert als Rathaus der blühenden Stadt errichtet worden. Das Herzstück des Gebäudes ist der gigantische Bürgersaal, der nicht nur durch seine räumliche Größe, sondern auch durch die für ein Rathaus fulminante Architektur äußerst imposant die Macht der damals größten Handelsmetropole Europas verkörpert.

Während des durch Audioguide unterstützten Rundgangs wurden viele der bildhauerischen Symbole aufgegriffen und so standen die gewaltige Atlas-Statue im Bürgersaal, die Sternbilder und Weltkarten auf dem Boden, die marmornen Verkörperungen von Ikarus, Mars und Venus oder Justitia sowie Reliefs mit historischen Szenen wie der Hinrichtung von Brutus‘ Sohn oder der Gerechtigkeit Salomons nicht als Kunstwerk für sich, sondern wurden interessant mit Bedeutung gefüllt.

Nachdem Napoleon Bonaparte die Niederlande eingenommen hatte, setzte er seinen Bruder Louis Napoleon als König über das Land ein. Auf der Suche nach einer passenden Residenz (Die Niederlande waren bis dato eine Republik, also ohne Königsschloss) fand dieser das Rathaus von Amsterdam, nahm es in Besitz und dekorierte um. Die Amsterdamer Bürger nahmen es ihm nicht allzu übel denn im selben Zug löste auf sein Geheiß hin Amsterdam Den Haag als Hauptstadt ab.
2015_07_21_2131Louis Napoleons‘ Gemahlin soll allerdings nicht besonders zufrieden gewesen sein – das für ein Rathaus gewaltige Gebäude ist für ein königliches Schloss doch recht klein geraten und die meisten Zimmer waren als Amtsräume und nicht als Salons geschnitten worden. Dennoch können sich die umgestalteten Räumlichkeiten unseres Ermessens nach durchaus sehen lassen. Neben neuen Tapeten ist die wahrscheinlich wichtigste, bauliche Ergänzung, die der Palast unter Louis Napoleon erhalten hat, ein großer Balkon an der Gebäudefront, der auch heute noch für öffentliche Auftritte der königlichen Familie genutzt wird.

2015_07_21_2176Auch die Nieuwe Kerk ist regelmäßig Schauplatz königlicher Events. Nachdem die Franzosen 1814 besiegt waren, gründeten sich die Niederlande als Königreich neu und die Kirche von Amsterdam wurde Krönungskirche derer von Oranien. In jüngerer Zeit fanden hier unter anderem die Hochzeit von Willem Alexander und Maxima sowie seine Inthronisierung statt.
Die protestantisch schlicht gehaltene Kirche ist aber auch darüber hinaus Veranstaltungsort für Modeschauen, Konzerte und andere weltliche Veranstaltungen.

Ursprünglich als katholische Kirche gebaut, wurde sie während der Reformation von den Bilderstürmern vollkommen von allem "Zierrat" gereinigt und weiß gestrichen. Ein Turmbau blieb lange unvollendet und nachdem sie im 17. Jahrhundert niedergebrannt war, wurde sie ohne Turm neu errichtet. Heute sind die auffälligsten Stücke des Interieurs eine enorm aufwändig geschnitzte Kanzel, eine wahrhaft gigantische Orgel mit fünftausend Pfeifen und ein goldfarbener Pavillon an der Stelle des Chores, in dem eine Ausstellung mit einigen Filmen zur Vergangenheit der Kirche zu sehen ist.
2015_07_21_2164Weiterhin enthält die Kirche die Grabmäler der drei größten Seehelden der Niederlande. Das opulenteste erhielt Admiral Michiel de Ruyter, der nach zahlreichen, teils unmöglich wirkenden Siegen gegen Engländer, Franzosen und Spanier bei seiner 39. Seeschlacht auf seinem Flaggschiff starb. Sein Schrein steht an Stelle eines Hochaltars oberhalb der Krypta.

Aber auch viele Normalsterbliche liegen innerhalb der Kirche begraben, denn wer über genügend Kleingeld verfügte, konnte sich einen der begehrten Plätze im Kirchenboden sichern. Da die Amsterdamer ein reiches Handelsvolk waren und auch der Boden einer großen Kirche irgendwann flächenmäßig erschöpft ist, liegt man hier mehr-etagig. Der komplette Fußboden besteht dementsprechend aus Grabplatten.

Direkt neben der Kirche fanden wir ein hübsches Café, in welchem wir uns bei strahlendem Sonnenschein einige sehr leckeren Pfannkuchen schmecken ließen. Anschließend setzten wir unseren Weg durch die Altstadt fort und erlebten die bunte Mischung des 2015_07_21_21982015_07_21_2201Amsterdamer Flairs, gebildet von verschiedenen Kompositionen aus Grachten, Brücken, Plätzen, kleinen Läden, Grachtenhäusern, Blumen und historischen Gebäuden. Natürlich hat auch Amsterdam ein Waaghuis und wo es eine Nieuwe Kerk gibt, muss es auch eine Oude Kerk geben. Während wir an deren Mauern entlanggingen, fiel uns auf, dass die Zusammensetzung der Geschäfte sich etwas geändert hatte. Zwar gab es weiterhin Eisdielen, Pizzerien, Waffel-Bäckereien, Cafes und Cannabis-Läden, aber zwischen diesen harmonisch eingereiht fanden sich nun Sex-Shops diverse Verweise auf "um die Ecke" gelegene Dienstleistungszentren und einige als entsprechende Werbefläche genutzte Hauseingänge.

Als entspannten Tagesabschluss wählten wir eine Grachtenrundfahrt bei einem der zahlreichen Anbieter. In der Nähe der Centraal Station ablegend konnten wir auf der Fahrt die Wasserkanäle mit Welterbestatus noch einmal aus anderer Perspektive sehen und so ergab sich beispielsweise ein Blick unter allen sieben steinernen Brücken der schon erwähnten Reguliersgracht hindurch. Insgesamt gibt es in Amsterdam übrigens über 1200 Brücken, welche die auf 90 Inseln verteilte Stadt zusammenhalten.
Wir fuhren sowohl am größten schwimmenden China-Restaurant der Welt, als auch an zahlreichen der insgesamt 2500 registrierten Hausbooten vorbei, welche an den größten der 165 Grachten dauerhaft vertäut liegen. Die nicht auf dem Wasser schwimmenden Behausungen stehen, wie alle anderen Gebäude in Amsterdam auch, wegen des sumpfigen Bodens auf Pfählen – allein 9000 davon tragen den Bahnhof. Und damit die Pfähle nicht faulen, muss der Wasserpegel mittels Schleusen immer auf konstanter Höhe gehalten werden, um so feuchtes Holz und Luft immer schön getrennt zu halten.
Eines der Gebäude, die uns bei unserer Fahrt besonders auffielen, war ein mehrstöckiges Fahrrad-Parkhaus nahe unserer Anlegestelle – wir haben aber nicht mehr überprüft, ob es einen anderen Kostenansatz hatte, als das sonst übliche an-das-Brückengeländer-schließen.

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BLOG_2013_07_30_1319Jede Reise muss ein Ende haben und das unserer Europatour erreichten wir heute um 18:17 Uhr, als wir unser Gespann wieder an dem Ort einparkten, von dem aus wir vor über einem Jahr losfuhren.
Von den 47.069 km, die wir auf der Tour insgesamt gefahren sind, waren 27.464 km reiner Reiseweg mit Wohnwagen. Der Rest ging nur mit PKW, um bei Abstechern Zeit zu sparen, um heftige Steigungen ohne angehängte Last zu nehmen, oder weil wir uns – je nach landesüblichem Fahrbahnzustand – einfach nicht getraut haben, mit Wohnwagen von der Hauptstraße abzuweichen.

Unser treuer Focus ist übrigens – um auch diesen Faden der Geschichte zu Ende zu führen – vor uns zu Hause angekommen. Der Prüfbericht des TÜV, den wir vor der Reparatur vorsorglich anfertigen ließen, listete allerdings so viele Mängel, dass wir uns schweren Herzens entschlossen, ihn nicht mehr reparieren zu lassen (Habt ihr schon einmal um ein Auto geweint? Wir jetzt schon…).
Aber letztendlich ist er wie ein echter Held abgetreten: In dem Moment, in dem er am Größten war! Er hatte uns ein Jahr lang um den kompletten Kontinent herum und unter Aufbietung all seiner Kräfte bis zum Nordkapp gebracht. Die einfache Heimreise und ein Alters-Auskommen als Alltagskutsche zwischen Schule, Supermarkt und Werkstatt hätten diese Größe wohl nur verblassen lassen. Und so werden wir ihm an passender Stelle ein Denkmal errichten und ihn immer in Erinnerung behalten als unsere tapfere Zugmaschine, die mit leisem Knall abtrat.

Nach einem Abenteuer gilt es aber nicht nur, Denkmäler zu errichten. Vielmehr ist auch eine ganze Menge Dank zu verteilen:
Wir danken allen, die uns still oder kommentierend auf unserer Reise begleitet haben und hoffen, dass ihr beim Lesen Spaß hattet und vielleicht die ein oder andere Anregung für künftige Urlaube gefunden habt! Danke auch an alle Menschen, die uns unterwegs unterstützt haben, wenn wir gerade Hilfe brauchten!
Danke ebenfalls an wahlweise den alten Mann im Himmel oder eine Instanz namens Zufall und bei aller Bescheidenheit auch an uns selbst, dass wir diese Reise machen konnten und dass wir sie vollenden durften!
Und zu guter Letzt ein großes Dankeschön an alle Waschmaschinen, die einfach funktioniert haben! 😀

Damit ist die Geschichte unserer Reise zu Ende. Wir befinden uns wieder an unserem Ausgangspunkt und es ist Zeit, Tschüss zu sagen und sich ein neues Hobby zu suchen. Denn dies hier ist definitiv der letzte Artikel – zumindest für diese Tour ;-).

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Häufig zählt man Dänemark zu Skandinavien und eigentlich sollte dieser Artikel erst mit der Grenzüberfahrt nach Deutschland erscheinen. Allerdings treffen nach unserer Beobachtung in den letzten Tagen die meisten Besonderheiten, die uns in Finnland, Norwegen und Schweden aufgefallen sind, nicht auf Dänemark zu. Dass das Land wohl auch nur aus historischen Gründen zu Skandinavien gezählt wird, macht es uns leichter, es in dieser Liste einfach mal auszuklammern. Damit kommen wir in Skandinavien auf 5978 km (4949 km mit Wohnwagen) an 42 Tagen und folgendes fiel uns besonders auf:

Lakritz: Gibt es in keinem europäischen Land so vielfältig, wie hier. Auch Schokoladentafeln mit Lakritz-Splittern und Lakritz-Eis gehören zum Angebot.

Elche und Rentiere: Haben Vorfahrt. Das Gebaren der Rentiere erinnert an den “weißen Tod” in Britannien.

Holzhäuser: Manchmal in den Städten, auf dem Land jedoch ausschließlich. Gibt es in allen Farben, zumeist aber in dunklem Rot.

Mittsommerfest: Das Datum variiert nach Land, gefeiert wird aber im ganzen Norden.

Grillplätze: Gehören auf den Campingplätzen zur Grundausstattung.

Mumins: Kommen aus Finnland und sind dort und auch in Schweden immer noch sehr präsent. Kindershampoo, Süßwaren, Limonade und Sonderbriefmarken sind mit den lustigen Figuren versehen.

Troll-Figuren: Fanden wir vor allem in Norwegen, bei den Schweden ist der Übergang zwischen Troll und Wikinger fließend.

Dosen- und Einwegpfand: Inzwischen dachten wir, das wäre typisch deutsch…

Moltebeeren: Werden im Norden eifrig gesammelt und zu Marmelade und Sirup verarbeitet

Milch: Steht standardmäßig auf der Getränke-Karte von Restaurants.

Ami-Oldtimer: Sahen wir hier ungewöhnlich oft auf den Straßen – manchmal sogar mit Wohnwagen.

Briefkasten-Batterien: Kleine Häusergruppen seitlich der Landstraße teilen sich eine Zufahrt, an deren Anfang ein Holzgestell mit allen Briefkästen steht. Der Postbote braucht die Hauptroute also nicht verlassen.

Sauna: Findet sich in Finnland und weiten Teilen Schwedens auf jedem Campingplatz – meistens direkt am See oder integriert ins Waschhaus.

Schneemobilwege: Gehören zu Lappland, mit eigenem blauen Gebotsschild sowie passendem roten Warnschild “Schneemobil kreuzt!”.

Birken-Holzbecher: Stammen aus Lappland, gehören zur Küchen-Grundausstattung der Samen.

Wild campen: Bisher überall verboten, in Norwegen erlaubt und absolut üblich. Manchmal fragt man sich, wie das Wohnmobil dahin gekommen ist, wo es gerade steht.

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15.07.2013

Drottningholm

SchlossDas etwas südwestlich von Stockholm gelegene Schloss Drottningholm ist seit 1981 der offizielle Wohnsitz der schwedischen Königsfamilie.
Der Name des Schlosses bedeutet “Königinnen-Insel” – in der heutigen Form wurde es 1662 für die verwitwete Königin Hedvig Eleonora an die Stelle eines zuvor niedergebrannten Palastes gebaut.
Von hier aus führte sie die Regierungs- geschäfte, bis ihr Sohnemann alt genug war, Schlossdas Ruder zu übernehmen.

Bei der Führung, mittels derer wir das Schloss besichtigten, kamen wir durch sehr unterschiedlich eingerichtete Räume.
Die Spannbreite reichte dabei von völlig überladenen Barock-Zimmern, wie dem repräsentative Schlafzimmer des Königs, über diverse Rokoko-Abstufungen (Weiße Vertäfelungen kamen sehr in Mode) bis hin zu einem sehr nüchternen Stil, in dem zum Beispiel die Bibliothek eingerichtet war. Die Führerin hatte damit genügend Anlass über die Unterschiede der einzelnen Stile zu reden und so erhielten die zwischen Britannien und Österreich aufgenommenen Eindrücke mit Hilfe der genaueren Stil-Definitionen eine neue Ordnung.
Die Bibliothek war dabei nicht nur wegen ihrer fast Schlosseinfach wirkenden Gestaltung besonders, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass sie seit ihrer Ersteinrichtung  von keinem Bewohner verändert wurde und damit immer noch in originalgetreuer Ausstattung zu sehen ist.

Außer der Schlosseinrichtung gibt es auf dem Gelände aber noch weiteres zu sehen. Direkt neben dem Schloss steht ein barockes Theater, welches Originalgetreu erhalten ist. Erbaut wurde es 17XX auf Geheiß von Luise Ulrike von Preußen, die nach Schweden einheiratete und bei ihrer Ankunft ihre neue Heimat als etwas arm an Kultur befand. Wegen eines Brandes musste das Theater zwei Mal gebaut werden und da beim zweiten Anlauf die Mittel etwas knapp waren, setzte der Architekt auf Pappmache statt Stuck, auf Putz aufgemalten “Marmor” und viel Holz als Baumaterial. Dem Erscheinungsbild tut dies keinen Abbruch, in der schummrigen Beleuchtung des Theaters wirkt das alles sehr echt.
Der Sohn der Auftraggeberin, Gustav III, erbte ihre Leidenschaft für das Theater und gründete die erste schwedische Schauspielschule. Nach dem Tod dieses, als “Theaterkönig” in die Geschichte eingegangenen Herrschers wurde das Schlosstheater in Drottningholm geschlossen und vergessen. Erst Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde es wiederentdeckt. Heute finden wieder Aufführungen auf der barocken Bühne statt, wobei Kopien der früher verwendeten Kulissen verwendet werden und auch die vielfältigen, mechanischen Finessen, die teilweise von mehreren Männern gleichzeitig per Hand betrieben werden müssen, wieder im Einsatz sind. Zu letzteren gehören neben über Seilzüge in die sehr tiefe Bühne einfahrbaren Wänden und Aufzügen im Boden auch aus Holz, Stoff und Steinen konstruierte Soundgeneratoren für zum Beispiel Gewitter, Wind und Regen (Die erstaunlich natürlich klingen – Tobias durfte mal probekurbeln).
SchlossIm Anschluss an das Theater spazierten wir durch den Schlosspark, der sich nah am Schloss an den sehr symmetrischen, französischen Gärten orientierte und in größerer Entfernung in englischen Parkanlagen auslief. Die Parkanlagen sind öffentlich zugänglich und auch hier fanden wir, wie schon auf dem Rasen der britischen Adelshäuser, viele Ausflügler mit Picknickdecken.
Im mit mehreren Fontänen gestalteten Garten durften wir auch wieder fotografieren, was in sämtlichen Innenräumen der Anlage – wie wir das schon aus anderen, königlichen Schlössern gewohnt sind – strikt verboten war.

Mitten im Park befindet sich der chinesische Pavillon (Auf schwedisch: Kina Slott). Und auch bei der Führung durch dieses mondäne Geburtstagsgeschenk an die Königin Luise-Ulrike konnten wir unserem Wissen wieder einige Puzzleteile hinzufügen.
In eigentlich allen Schlössern, die wir besichtigt haben, gab es mindestens einen China gewidmeten Raum. Das Land war zu damaliger Zeit richtig “in” und chinesische Vasen und Seide musste man einfach haben (Die Schweden haben sogar südchinesische Seidenraupen importiert, die allerdings den nächsten skandinavischen Winter nicht überlebten).
Chinesischer PavillonAber nicht alles, was chinesisch aussieht, stammt wirklich aus China. Viele Stücke sind europäischen Ursprungs und nicht wenige wurden ohne Wissen über China und nur aus der verträumten Vorstellung, die man von dem exotischen Land hatte, gestaltet. Erkennen kann man die Nachahmungen an sinnlosen, aber toll aussehenden Schriftzeichen oder daran, dass die Drachen – wie zwar in Europa, nicht aber im Reich der Mitte, üblich – Flügel haben. Diese europäischen Nachahmungen chinesischer Kunst haben wir als den “chinoisen Stil” schon öfter gesehen.
Neu war allerdings die Information, dass nicht alles, was chinoise aussieht, aus Europa stammt. Vielmehr produzierten die Chinesen irgendwann Kunst für den europäischen Geschmack und so findet man auf original in China hergestellten Lacktafeln plötzlich Palmen – die in China nicht wachsen, aber zu dem exotischen Bild, welches die Europäer von dem Land hatten, unbedingt dazugehörten. Ebenso extra für den europäischen Markt stellten die Chinesen Tapeten mit sich wiederholenden Mustern her. Die Europäer liebten die chinesischen Zeichnungen von Blumen oder Tieren, nicht aber die chinesische Tradition, damit ganze Bildergeschichten auf die Wand zu bringen. Und der Kunde war halt König…

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