Auch für die Besichtigung von Lissabon wählten wir gezielt den Tag mit dem meisten Sonnenschein. Diese Vorgehensweise brachte den Kindern einen Tag auf dem Spielplatz und einen ausgedehnten Filmeabend und uns eine willkommene Pause ein (Den Gedanken an noch mehr Pause an der Algarve fanden denn auch sofort alle sehr verlockend đ ).
Für unsere Fahrt in die Stadt wählten wir die Fähre, da sie uns von Trafaria aus direkt nach Belem brachte â einem Stadtteil, der uns besonders interessierte. Dort fanden wir ein großes, offensichtlich der Seefahrt gewidmetes Denkmal (Wir können leider nicht mit Informationen dienen, ob der Mann vorne Vasco da Gama oder der portugiesische Entdecker Brasiliens oder wer auch sonst sein soll â es fehlte das Schild, das einem doch sonst immer beim Verständnis von Kunst unter die Arme greift), den Turm von Belem (Der früher in der Bucht des Tejo als Leuchtturm gedient hat und jetzt, nach einiger Versandung, am Ufer steht) und⌠einen großen Bauzaun. Dieser riegelte, unterstützt von zahlreichen Polizisten, den Bereich um das Hieronymus-Kloster â das wir eigentlich unbedingt hatten sehen wollen â ab. Dem gut informierten Leser wird an dieser Stelle klar sein, dass es Angela Merkel höchstpersönlich war, die uns hier die Tour vermasselte.
Also stiegen wir in einen der hübschen, roten, oben offenen Sightseeing-Busse und ließen uns zunächst mal durch die Stadt kutschieren. Dabei konnten wir aus nächster Nähe einen Blick auf die zahlreichen Oberleitungen werfen, die hier so ziemlich jede Straße überspannen. Der Informationsgehalt der Bustour war leider recht dürftig. Allerdings werden wir unser Leben lang nicht vergessen, dass im 18. Jahrhundert ein Erdbeben die Stadt verwüstete und anschließend der Marquis de Pombal den Wiederaufbau so erfolgreich leitete, dass er anschließend Premierminister wurde. Diese Information erhielten wir auf unserer Bustour ca. zehn Mal :roll:.
Auch den Kindern hat es sich dadurch sehr gut eingeprägt; wir hoffen sehr, dass ihnen dieses Wissen irgendwann von Nutzen sein wirdâŚ
Die Bustour führte auch durch Bereiche außerhalb der Innenstadt und die langen Abstände zwischen den kleinen Informationshappen wurden von zwei abwechselnd gespielten, gleichermaßen klagenden, aber dafür offenbar regional typischen Liedern gefüllt. Wir sagen mal so: Nach dem dritten Mal wurde es schwierig :twisted:. Beim Umherschauen haben wir wenig gesehen, was uns zum längeren Begutachten verführt hätte, begeistert hat uns allerdings das – typisch portugiesisch mit Hilfe von Kacheln gestaltete – Graffiti.
Nach einem Spaziergang entlang der Prachtstraße im Zentrum der Stadt, in den wir auch das Mittagessen einbauten (Cataplana da mar, Meeresfrüchte und Kartoffelscheiben in einer Schüssel mit reichlich roter Suppe â sehr lecker, allerdings ohne Löffel von flachen Tellern zu essen, was nach dem Verzehr ein lästiges Hungergefühl übrig ließ), wollten wir uns vom roten Bus zurück nach Belem bringen lassen. Erstens hofften wir, dass Angie inzwischen fertig war und zweitens mussten wir dort unsere Fähre wieder erreichen.
Da für den Besuch unserer Kanzlerin mehrere große Straßen im und zum Stadtteil Belem gesperrt worden waren, herrschte den ganzen Tag über ein mittleres Verkehrschaos an den betroffenen Kreuzungen (Dieses wurde durch den Umstand, dass jeder umgeleitete Autofahrer mit dem Polizisten auf der Kreuzung diskutierte, bevor er âeinlenkteâ, nicht wirklich besser). Belustigt hat uns auch, dass in dem Kreisverkehr 50m vor der gesperrten Kreuzung kein Umleitungsschild stand, sondern dass sich alle Autofahrer bis zur Kreuzung durch stehen durften und dann den gleichen Weg wieder zurück gewunken wurden). Nachdem wir dieses Chaos am Morgen nur hatten beobachten dürfen, standen wir nun â auf dem Rückweg â mittendrin.
So etwa 2,5 km vor unserer Haltestelle wurde auch der Bus durch besagten Kreisverkehr umgeleitet. Wir fuhren dann ein paar sehr verschnörkelt erscheinende Wege um und über die Kreuzung hinweg, bis unsere Belustigung spontan einfror, weil uns der Weg, den wir fuhren von der Hinfahrt her bekannt vorkam. Falko sprintete zum Fahrer und fragte ihn, ob er noch auf dem Weg nach Belem sei, was dieser achselzuckend verneinte. Er führe wieder ins Zentrum. Auf die Erwiderung, wir müssten aber nach Belem, weil da unsere Fähre ginge, meinte er: Die Polizei hat die Straße geschlossen, also führe er wieder ins Zentrum. âItâs Angela Merkel, you knowâŚ?â â begleitet von einem weiteren Achselzucken (An dieser Stelle eine Frage an unsere Leser, nur um zu überprüfen, ob wir seltsam sind: Wäre es angebracht gewesen, die Passagiere vor dem Wenden zu informieren und Gelegenheit zum Aussteigen zu geben?).
Netterweise ließ er uns einige Meter weiter raus und wir wanderten die restliche Strecke am Tejo entlang zurück. Dabei sahen wir zu, wie die Sonne unterging und beobachteten den über Belem kreisenden Hubschrauber, die im Tejo patroullierenden Polizeiboote und in Blaulicht getauchte Fahrzeugkolonnen, welche uns auf den gesperrten Straßen überholten (Für Fußgänger und Radfahrer war der Bezirk glücklicherweise weiterhin frei zugänglich).
Da wir bei der Ankunft noch Zeit hatten und hofften, dass der Staatsbesuch inzwischen abgeschlossen wäre, begaben wir uns noch Mal zum Kloster. Dieses war zwar immer noch abgeriegelt, aber der Polizist am Eingang gab uns zu verstehen, dass wir nur noch wenige Minuten zu warten hätten. Das taten wir natürlich und wurden für unsere Geduld belohnt, indem wir nicht nur die tolle Fassade des lang gestreckten Baus aus der Nähe bewundern konnten, sondern sogar noch einen geöffneten Haupteingang in die Klosterkirche vorfanden.
Die Säulenhalle bot einen gewaltigen Anblick und die schmalen, hohen Säulen ohne die sonst üblichen, die Schiffe trennenden Bögen ließen den Raum enorm weit und offen erscheinen. Nahe am Eingang ruhen in einem prächtig verzierten Sarkopharg die sterblichen Überreste Vasco da Gamas. Natürlich machten wir ihm unsere Aufwartung!
Das Kloster mit dem Grabmal war aus unserer Sicht die Hauptattraktion Lissabons. In jedem Fall ist es der Höhepunkt des überall in der Stadt präsenten Stolzes auf die glorreiche Seefahrer-Vergangenheit Portugals, der sich unter anderem in Segel-förmigen Hochhäusern, kleinen Schiffen auf den Laternen und natürlich diversen Standbildern manifestiert.
Froh, es noch gesehen zu haben, begaben wir uns zurück auf die Fähre, wo uns noch folgender Schnappschuss gelang:
Stellt euch gemeinsam mit uns vor, das Schiff brennt und ihr gelangt durch dichten Qualm und von einer zärtlich hinter euch schiebenden Menge angetrieben an diese Tür. Was tut ihr â und in welcher Reihenfolge?