Erst wenn man stundenlang an einem einzigen Fjord entlanggefahren ist, kann man die ungeheure Größe dieser Einschnitte erahnen. Die vielen Verästelungen und die schiere Größe der Wasserflächen lässt aber niemals zu, dass ein Gesamtbild entstehen kann – weder im Kopf, noch in der Kamera. Auf unserem Weg nach Tromsø fuhren wir beispielsweise knapp 130 km am Lyngen-Fjord entlang, an dem sich die Berge der Lyngen-Alpen direkt aus dem Wasser erheben. Die Ausblicke auf die majestätisch über dem Wasser aufragenden Berge sind sehr imposant – egal aus welchem Winkel. Wenn die im Fjord festhängenden Wolken den Himmel dramatisch verfinsterten, wirkten die Berge sehr, sehr drückend auf uns; hinter der Wegbiegung in den nächsten Fjord-Arm hinein sahen wir von der Sonne angestrahlte Schneefelder und Gletscher vor heiterem, blauen Himmel.
Unterwegs trafen wir – gerade in den Spitzen der Neben-Fjorde – immer wieder auf kleine Siedlungen auf grünen Wiesen. Aber auch an den entlegensten Plätzen fanden wir einzelne Häuser, sogar auf den Inseln in den Fjorden.
So flach, wie die Fjorde auslaufen, so steil sind die Straßen an den Stellen, wo sie vom Ufer eines Fjordes an das des nächsten führen. Auf den höher liegenden Teilstrecken stehen dichte Birkenwäldchen, durch die immer irgendwo ein – von einem der zahlreichen Wasserfälle gespeister – Gebirgsbach durch ein Bett aus Geröll plätschert.
Beim Durchfahren dieser Kulisse fühlten wir uns häufig an Schottland erinnert: Vor jeder Kurve steigt die Spannung, welcher Anblick einen als nächstes fesseln wird. Nur die Art der fesselnden Landschaft ist anders: Das Wasser rahmt das Land ein, die Berge sind spitzer und statt Heidekraut gibt es sehr viel Grün.
Auf dieser Strecke war schon der Weg das Ziel. Übernachten wollten wir aber in Tromsø, wo auch die Eismeer-Kathedrale auf unserer Liste stand. Die größte Stadt Nord-Norwegens und die nördlichste Universitätsstadt der Welt präsentierte sich an diesem Tag sehr wolkenverhangen und durchaus novemberlich – zumindest für unser Empfinden, die Einwohner waren teils sehr sommerlich gekleidet, ohne dass ihnen ein Frösteln anzumerken war. Wir hüllten uns indes in Fleecejacken und suchten möglichst zügig den Innenraum der modernen Kirche auf.
Deren dreieckige Konstruktion mit vielen Lichteinlässen, die Eiszapfen-förmigen Leuchter und das bunte Fenster an der Stirnseite bilden einen sehr besonderen, ja wohl einzigartigen Anblick. Und dass die außergewöhnliche Gestaltung der Akustik nicht schadete, konnten wir live vor Ort feststellen, da ein Flügel-Gesangs-Querflöten-Trio ausgiebig und sehr hörenswert probte.
Bei einem Ausflug auf die Brücke, welche die beiden Stadtteile miteinander verbindet, konnten wir den polaren Sommer noch einmal intensiv spüren. Mütze, Schal und Handschuhe wären im kalten Wind auf der Brücke gar nicht so unpassend gewesen. Bei einem Tee/Kakao/Kaffee im Wohnwagen wurde uns aber schnell wieder warm und anschließend fuhren wir noch ein paar Kilometer, da der städtische Campingplatz dem Ansturm der heute durch Tromsø Reisenden nicht gewachsen war und keinen Platz mehr für uns hatte. Dafür standen wir anschließend aber wieder an unserem Hauptweg, der E6 Richtung Süden.