Das etwas südwestlich von Stockholm gelegene Schloss Drottningholm ist seit 1981 der offizielle Wohnsitz der schwedischen Königsfamilie.
Der Name des Schlosses bedeutet “Königinnen-Insel” – in der heutigen Form wurde es 1662 für die verwitwete Königin Hedvig Eleonora an die Stelle eines zuvor niedergebrannten Palastes gebaut.
Von hier aus führte sie die Regierungs- geschäfte, bis ihr Sohnemann alt genug war, das Ruder zu übernehmen.
Bei der Führung, mittels derer wir das Schloss besichtigten, kamen wir durch sehr unterschiedlich eingerichtete Räume.
Die Spannbreite reichte dabei von völlig überladenen Barock-Zimmern, wie dem repräsentative Schlafzimmer des Königs, über diverse Rokoko-Abstufungen (Weiße Vertäfelungen kamen sehr in Mode) bis hin zu einem sehr nüchternen Stil, in dem zum Beispiel die Bibliothek eingerichtet war. Die Führerin hatte damit genügend Anlass über die Unterschiede der einzelnen Stile zu reden und so erhielten die zwischen Britannien und Österreich aufgenommenen Eindrücke mit Hilfe der genaueren Stil-Definitionen eine neue Ordnung.
Die Bibliothek war dabei nicht nur wegen ihrer fast einfach wirkenden Gestaltung besonders, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass sie seit ihrer Ersteinrichtung von keinem Bewohner verändert wurde und damit immer noch in originalgetreuer Ausstattung zu sehen ist.
Außer der Schlosseinrichtung gibt es auf dem Gelände aber noch weiteres zu sehen. Direkt neben dem Schloss steht ein barockes Theater, welches Originalgetreu erhalten ist. Erbaut wurde es 17XX auf Geheiß von Luise Ulrike von Preußen, die nach Schweden einheiratete und bei ihrer Ankunft ihre neue Heimat als etwas arm an Kultur befand. Wegen eines Brandes musste das Theater zwei Mal gebaut werden und da beim zweiten Anlauf die Mittel etwas knapp waren, setzte der Architekt auf Pappmache statt Stuck, auf Putz aufgemalten “Marmor” und viel Holz als Baumaterial. Dem Erscheinungsbild tut dies keinen Abbruch, in der schummrigen Beleuchtung des Theaters wirkt das alles sehr echt.
Der Sohn der Auftraggeberin, Gustav III, erbte ihre Leidenschaft für das Theater und gründete die erste schwedische Schauspielschule. Nach dem Tod dieses, als “Theaterkönig” in die Geschichte eingegangenen Herrschers wurde das Schlosstheater in Drottningholm geschlossen und vergessen. Erst Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts wurde es wiederentdeckt. Heute finden wieder Aufführungen auf der barocken Bühne statt, wobei Kopien der früher verwendeten Kulissen verwendet werden und auch die vielfältigen, mechanischen Finessen, die teilweise von mehreren Männern gleichzeitig per Hand betrieben werden müssen, wieder im Einsatz sind. Zu letzteren gehören neben über Seilzüge in die sehr tiefe Bühne einfahrbaren Wänden und Aufzügen im Boden auch aus Holz, Stoff und Steinen konstruierte Soundgeneratoren für zum Beispiel Gewitter, Wind und Regen (Die erstaunlich natürlich klingen – Tobias durfte mal probekurbeln).
Im Anschluss an das Theater spazierten wir durch den Schlosspark, der sich nah am Schloss an den sehr symmetrischen, französischen Gärten orientierte und in größerer Entfernung in englischen Parkanlagen auslief. Die Parkanlagen sind öffentlich zugänglich und auch hier fanden wir, wie schon auf dem Rasen der britischen Adelshäuser, viele Ausflügler mit Picknickdecken.
Im mit mehreren Fontänen gestalteten Garten durften wir auch wieder fotografieren, was in sämtlichen Innenräumen der Anlage – wie wir das schon aus anderen, königlichen Schlössern gewohnt sind – strikt verboten war.
Mitten im Park befindet sich der chinesische Pavillon (Auf schwedisch: Kina Slott). Und auch bei der Führung durch dieses mondäne Geburtstagsgeschenk an die Königin Luise-Ulrike konnten wir unserem Wissen wieder einige Puzzleteile hinzufügen.
In eigentlich allen Schlössern, die wir besichtigt haben, gab es mindestens einen China gewidmeten Raum. Das Land war zu damaliger Zeit richtig “in” und chinesische Vasen und Seide musste man einfach haben (Die Schweden haben sogar südchinesische Seidenraupen importiert, die allerdings den nächsten skandinavischen Winter nicht überlebten).
Aber nicht alles, was chinesisch aussieht, stammt wirklich aus China. Viele Stücke sind europäischen Ursprungs und nicht wenige wurden ohne Wissen über China und nur aus der verträumten Vorstellung, die man von dem exotischen Land hatte, gestaltet. Erkennen kann man die Nachahmungen an sinnlosen, aber toll aussehenden Schriftzeichen oder daran, dass die Drachen – wie zwar in Europa, nicht aber im Reich der Mitte, üblich – Flügel haben. Diese europäischen Nachahmungen chinesischer Kunst haben wir als den “chinoisen Stil” schon öfter gesehen.
Neu war allerdings die Information, dass nicht alles, was chinoise aussieht, aus Europa stammt. Vielmehr produzierten die Chinesen irgendwann Kunst für den europäischen Geschmack und so findet man auf original in China hergestellten Lacktafeln plötzlich Palmen – die in China nicht wachsen, aber zu dem exotischen Bild, welches die Europäer von dem Land hatten, unbedingt dazugehörten. Ebenso extra für den europäischen Markt stellten die Chinesen Tapeten mit sich wiederholenden Mustern her. Die Europäer liebten die chinesischen Zeichnungen von Blumen oder Tieren, nicht aber die chinesische Tradition, damit ganze Bildergeschichten auf die Wand zu bringen. Und der Kunde war halt König…