21.07.2015

Amsterdam Teil II

Die Centraal Station in Amsterdam war nicht nur Ausgangspunkt unserer zweiten Erkundung der Stadt, sondern mit ihrer beeindruckenden Renaissance-Fassade auch bereits unser erstes Besichtigungsobjekt. Ungefähr in der gleichen Zeit entstanden wie das Rijksmuseum, ist sie diesem Gebäude gar nicht so unähnlich.

2015_07_21_2193Von dort aus ging es den Damrak entlang zum Dam. Letzterer befindet sich an jener Stelle, an der vor langer Zeit ein Damm in der Amstel errichtet wurde. Dieser Damm verband zwei kleine Siedlungen auf beiden Seiten des Flusses, schützte ihre Bürger vor Sturmfluten und war gleichzeitig Grundlage der Stadtgründung. Mit der Zeit und mit weiteren Aufschüttungen wurde der Dam zum zentralen Platz der Stadt. Die wichtigsten Gebäude am Dam sind wohl 2015_07_21_2110der königliche Palast und die Nieuwe Kerk.

Der Palast war ursprünglich im 17. Jahrhundert als Rathaus der blühenden Stadt errichtet worden. Das Herzstück des Gebäudes ist der gigantische Bürgersaal, der nicht nur durch seine räumliche Größe, sondern auch durch die für ein Rathaus fulminante Architektur äußerst imposant die Macht der damals größten Handelsmetropole Europas verkörpert.

Während des durch Audioguide unterstützten Rundgangs wurden viele der bildhauerischen Symbole aufgegriffen und so standen die gewaltige Atlas-Statue im Bürgersaal, die Sternbilder und Weltkarten auf dem Boden, die marmornen Verkörperungen von Ikarus, Mars und Venus oder Justitia sowie Reliefs mit historischen Szenen wie der Hinrichtung von Brutus‘ Sohn oder der Gerechtigkeit Salomons nicht als Kunstwerk für sich, sondern wurden interessant mit Bedeutung gefüllt.

Nachdem Napoleon Bonaparte die Niederlande eingenommen hatte, setzte er seinen Bruder Louis Napoleon als König über das Land ein. Auf der Suche nach einer passenden Residenz (Die Niederlande waren bis dato eine Republik, also ohne Königsschloss) fand dieser das Rathaus von Amsterdam, nahm es in Besitz und dekorierte um. Die Amsterdamer Bürger nahmen es ihm nicht allzu übel denn im selben Zug löste auf sein Geheiß hin Amsterdam Den Haag als Hauptstadt ab.
2015_07_21_2131Louis Napoleons‘ Gemahlin soll allerdings nicht besonders zufrieden gewesen sein – das für ein Rathaus gewaltige Gebäude ist für ein königliches Schloss doch recht klein geraten und die meisten Zimmer waren als Amtsräume und nicht als Salons geschnitten worden. Dennoch können sich die umgestalteten Räumlichkeiten unseres Ermessens nach durchaus sehen lassen. Neben neuen Tapeten ist die wahrscheinlich wichtigste, bauliche Ergänzung, die der Palast unter Louis Napoleon erhalten hat, ein großer Balkon an der Gebäudefront, der auch heute noch für öffentliche Auftritte der königlichen Familie genutzt wird.

2015_07_21_2176Auch die Nieuwe Kerk ist regelmäßig Schauplatz königlicher Events. Nachdem die Franzosen 1814 besiegt waren, gründeten sich die Niederlande als Königreich neu und die Kirche von Amsterdam wurde Krönungskirche derer von Oranien. In jüngerer Zeit fanden hier unter anderem die Hochzeit von Willem Alexander und Maxima sowie seine Inthronisierung statt.
Die protestantisch schlicht gehaltene Kirche ist aber auch darüber hinaus Veranstaltungsort für Modeschauen, Konzerte und andere weltliche Veranstaltungen.

Ursprünglich als katholische Kirche gebaut, wurde sie während der Reformation von den Bilderstürmern vollkommen von allem "Zierrat" gereinigt und weiß gestrichen. Ein Turmbau blieb lange unvollendet und nachdem sie im 17. Jahrhundert niedergebrannt war, wurde sie ohne Turm neu errichtet. Heute sind die auffälligsten Stücke des Interieurs eine enorm aufwändig geschnitzte Kanzel, eine wahrhaft gigantische Orgel mit fünftausend Pfeifen und ein goldfarbener Pavillon an der Stelle des Chores, in dem eine Ausstellung mit einigen Filmen zur Vergangenheit der Kirche zu sehen ist.
2015_07_21_2164Weiterhin enthält die Kirche die Grabmäler der drei größten Seehelden der Niederlande. Das opulenteste erhielt Admiral Michiel de Ruyter, der nach zahlreichen, teils unmöglich wirkenden Siegen gegen Engländer, Franzosen und Spanier bei seiner 39. Seeschlacht auf seinem Flaggschiff starb. Sein Schrein steht an Stelle eines Hochaltars oberhalb der Krypta.

Aber auch viele Normalsterbliche liegen innerhalb der Kirche begraben, denn wer über genügend Kleingeld verfügte, konnte sich einen der begehrten Plätze im Kirchenboden sichern. Da die Amsterdamer ein reiches Handelsvolk waren und auch der Boden einer großen Kirche irgendwann flächenmäßig erschöpft ist, liegt man hier mehr-etagig. Der komplette Fußboden besteht dementsprechend aus Grabplatten.

Direkt neben der Kirche fanden wir ein hübsches Café, in welchem wir uns bei strahlendem Sonnenschein einige sehr leckeren Pfannkuchen schmecken ließen. Anschließend setzten wir unseren Weg durch die Altstadt fort und erlebten die bunte Mischung des 2015_07_21_21982015_07_21_2201Amsterdamer Flairs, gebildet von verschiedenen Kompositionen aus Grachten, Brücken, Plätzen, kleinen Läden, Grachtenhäusern, Blumen und historischen Gebäuden. Natürlich hat auch Amsterdam ein Waaghuis und wo es eine Nieuwe Kerk gibt, muss es auch eine Oude Kerk geben. Während wir an deren Mauern entlanggingen, fiel uns auf, dass die Zusammensetzung der Geschäfte sich etwas geändert hatte. Zwar gab es weiterhin Eisdielen, Pizzerien, Waffel-Bäckereien, Cafes und Cannabis-Läden, aber zwischen diesen harmonisch eingereiht fanden sich nun Sex-Shops diverse Verweise auf "um die Ecke" gelegene Dienstleistungszentren und einige als entsprechende Werbefläche genutzte Hauseingänge.

Als entspannten Tagesabschluss wählten wir eine Grachtenrundfahrt bei einem der zahlreichen Anbieter. In der Nähe der Centraal Station ablegend konnten wir auf der Fahrt die Wasserkanäle mit Welterbestatus noch einmal aus anderer Perspektive sehen und so ergab sich beispielsweise ein Blick unter allen sieben steinernen Brücken der schon erwähnten Reguliersgracht hindurch. Insgesamt gibt es in Amsterdam übrigens über 1200 Brücken, welche die auf 90 Inseln verteilte Stadt zusammenhalten.
Wir fuhren sowohl am größten schwimmenden China-Restaurant der Welt, als auch an zahlreichen der insgesamt 2500 registrierten Hausbooten vorbei, welche an den größten der 165 Grachten dauerhaft vertäut liegen. Die nicht auf dem Wasser schwimmenden Behausungen stehen, wie alle anderen Gebäude in Amsterdam auch, wegen des sumpfigen Bodens auf Pfählen – allein 9000 davon tragen den Bahnhof. Und damit die Pfähle nicht faulen, muss der Wasserpegel mittels Schleusen immer auf konstanter Höhe gehalten werden, um so feuchtes Holz und Luft immer schön getrennt zu halten.
Eines der Gebäude, die uns bei unserer Fahrt besonders auffielen, war ein mehrstöckiges Fahrrad-Parkhaus nahe unserer Anlegestelle – wir haben aber nicht mehr überprüft, ob es einen anderen Kostenansatz hatte, als das sonst übliche an-das-Brückengeländer-schließen.

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